Wir haben die Methode mit 8 TeilnehmerInnen des Workshops “Videopunk” bei den video/film tagen 2012 ausprobiert und innerhalb von 12 Stunden ein Video mit ca. 50 DarstellerInnen konzipiert, geplant und umgesetzt. Das ist das Ergebnis:
LipDub-Videos sind vor allem eine logistische Meisterleistung. Neben dem Spaß und dem Erleben einer eigenen Filmproduktion, liegt der pädagogische Mehrwert vor allem in der erlebnispädagogischen Komponente: Die durchführende Gruppe muss eine schwierige Aufgabe in einer bestimmten Zeit bewältigen, für das Gelingen ist das Engagement aller Teammitglieder erforderlich.
Diese pädagogische Komponente kann schon in der Planung berücksichtigt werden, indem bewusst immer wieder Reflexionsphasen eingebaut werden, in denen das eigene Teamverhalten bewusst gemacht werden kann. Vor allem sollte die Komplexität der Aufgabe in der Zeit- und (Personal)Ressourcenplanung berücksichtigt werden – im Zweifel einfach mehr Zeit und mehr Menschen einplanen.
Beteiligte Personen
Zeit
Insgesamt sind 12 Stunden Workshopzeit das absolute Minimum! Die einzelnen Arbeitsphasen benötigen folgende Mindestzeit:
Material
Neben dem üblichen Material, das für ein Videoprojekt erforderlich ist, sind folgende Dinge empfehlenswert:
Zentral bei einem LipDub-Projekt ist die Musik: Sie sorgt für Motivation und Identifikation aller Beteiligten. Ein bekannter Text kann den Dreh leichter machen, ist aber kein Muss. Umgekehrt macht GEMA-pflichtige Musik (mit bekannten Texten) die Veröffentlichung meist unmöglich. Die Paradelösung ist sicher, wenn ein (der Gruppe bekanntes) Stück einer lokal verankerten Band genommen wird; dann ist die Workshopgruppe in punkto Rechtliches, Motivation, Textsicherheit und Identifikation auf der sicheren Seite. In unserem Fall haben wir uns für mitreißende aber zunächst unbekannte CC-Musik entschieden. Auch das war beim Dreh kein Problem, weil die DarstellerInnen genau ihre Textpassage schriftlich bekamen.
Die grundsätzlichen Projektphasen sind:
Ist die Musik ausgewählt, sollte sie in Abschnitte eingeteilt werden, diese jeweils mit Handlung, DarstellerInnen und einem Ort versehen werden. Wir haben hierzu eine Timeline erstellt, in die wir zunächst die Attribute der einzelnen Musikabschnitte und dann unser Konzept eingetragen haben.
Während der Planungsphase kann die Orgagruppe auch immer wieder den späteren Drehort besuchen, um vor Ort Entfernungen, Wege und andere Besonderheiten zu begutachten und damit auch das Konzept auf Umsetzbarkeit zu prüfen.
Schon in der Planungsphase kann die Gruppe der späteren DarstellerInnen mit einem gelungenen Beispielvideo motiviert werden. Die DarstellerInnen können auch in die Planungsphase eingebunden werden, indem sie etwa in Kleingruppen die konkrete Handlung (im Rahmen des Gesamtkonzepts) planen.
Der Kern der LipDub-Logistik spielt sich während der Drehvorbereitungen ab. Hier macht es sich bezahlt, sich etwas mehr Zeit zu nehmen, lieber einmal zu viel als einmal zu wenig gemeinsam den Ablauf durchzugehen und/oder mit Liebe zum Detail Materialien vorzubereiten.
In jedem Fall sollte der Gesamtablauf in Ruhe mit der Kerngruppe vor Ort durchgesprochen und dabei Positionen der späteren DarstellerInnen sowie von Gegenständen markiert werden. Das macht die Koordination mit der Gesamtgruppe leichter. Anschließend sollte sich die Kerngruppe die Wegstrecke der Kamera aufteilen: Für jeden Abschnitt gibt es eineN Aufnahmeleitung aus der Kerngruppe. Die Liedtexte sollten zudem (abschnittsweise und gesamt) ausgedruckt und die Abschnitte später an die betreffenden Menschen verteilt werden.
Nun kann die Gesamtgruppe zusammenkommen: Im Plenum sollte (allen) zunächst das Konzept erklärt werden, anschließend können gemeinsam die Abschnitte durchgegangen und Rollen verteilt werden. Die Aufnahmeleitungen proben dann in ihren Abschnitten den jeweiligen Ablauf. Nach einem letzten Finetuning kann dann schon der erste Durchlauf mit Kamera (aber ohne Aufnahme) stattfinden, dann folgt die erste Aufnahme.
Bei LipDub-Videos müssen die Dreharbeiten nicht nur gelungenes Filmmaterial generieren – hier besteht die Herausforderung außerdem darin, das möglichst schnell, effizient und für alle möglichst unterhaltsam zu machen. Bei mehr als 50 Beteiligten ist das nicht trivial.
Für den Dreh sollten daher die Rollen des Filmteams gut verteilt und abgesprochen sein. In unserem Fall hat sich folgende Rollenverteilung bewährt:
Synchronizität ist alles beim Musikvideo, daher sollte direkt neben der Kamera ein Ghettoblaster mitlaufen; in großen Gebäuden/Geländen können das evtl. auch mehrere sein, die synchronisiert werden, damit alle immer die aktuelle Musik hören und ihren Einsatz nicht verpassen. In Schulen kann die Musik auch über die Hausanlage eingespielt werden.
Während des Drehs dürfen Hinweise gebrüllt werden, wo die Kamera ist, etc. Gut ist auch, wenn die AbschittsregisseurInnen den Ablauf reinrufen, um zu motivieren und zum lauten Singen zu motivieren.
Und, um es nochmal auszusprechen: LipDub-Videos sollten in einem Take gedreht werden!
Über den Autor:
Eike Rösch ist Diplom-Pädagoge, lebt in Mainz und ist seit 2003 als Medienpädagoge beim Landesfilmdienst Rheinland-Pfalz e.V. beschäftigt. Er arbeitet an seiner Promotion an der Universität Leipzig zu social media in der Jugendarbeit. In seiner Freizeit engagiert er sich unter anderem im Vorstand der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK).
Kontakt:
Institut für Medienpädagogik Landesfilmdienst Rheinland-Pfalz e.V. Petersstraße 3 55116 Mainz 06131.143841 er@lokal-global.de
Dieses HowTo ist zeitgleich auf der Website des Institut für Medienpädagogik/LFD Rheinland-Pfalz e.V. sowie bei mekonet veröffentlicht worden und steht unter einer Creative Commons-Lizenz, CC BY-NC-ND.
Verfasst am 19.02.2013
Autor: Eike Rösch