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VOLLVERSAMMLUNG UNTERSTÜTZT PETITION GEGEN DIE BAHN AG

 

Die Jugendring Vollversammlung hat am 6. Dezember einstimmig beschlossen die Petition des Vereins "Zug der Erinnerung" gegen die Deutsche Bahn AG zu unterstützen. Im September 2011 hat die Bahn AG die Rückzahlung der Gebühren für die Nutzung der Bahngleise und der technischen Bahnanlagen definitiv abgelehnt.

Die Delegierten empfinden das Vorgehen der Bahn AG als empörend und skandalös.  Zehntausende von Schülerinnen und Schüler haben sich seit 2007 in der rollenden Ausstellung über die Massendeportationen der "Reichsbahn" in NS-Lager informiert.

Hier die Pressemitteilung zur Petition des Vereins im Wortlaut:

DB verweigert Unterstützung der "Reichsbahn"-Opfer und boykottiert das Gedenken

Zu einer Massenpetition an den Deutschen Bundestag und zu gemeinsamen Protesten von EU-Parlamentariern aus den Deportationsgebieten der früheren "Reichsbahn" ruft der "Zug der Erinnerung" auf. Die zivilgesellschaftliche Organisation wurde von der EU-Kommission wegen ihres "vorbildlichen bürgerschaftlichen Engagements" 2010 ausgezeichnet. Der Aufruf richtet sich auch an die Öffentlichkeit in Frankreich, Polen, in Italien, Griechenland und in den Ländern der ehemaligen UdSSR.

"Sämtliche Vermittlungsversuche zugunsten des Gedenkens und für praktische Hilfe an die überlebenden Opfer der NS-Deportationen mit der 'Reichsbahn'" seien "gescheitert", heißt es in einer mehrsprachigen Erklärung des "Zug der Erinnerung". Er fährt seit über vier Jahren mit einer rollenden Ausstellung an europäische Bahnhöfe, die Orte der "Reichsbahn"-Deportationen in die NS-Lager waren. "Das Vorgängerunternehmen der heutigen Deutschen Bahn AG hat 3 Millionen Menschen aus ganz Europa in den Tod transportiert. Den Verpflichtungen, die dieses Massenverbrechen zur Folge haben, versucht sich die DB AG nicht nur zu entziehen. Sie nimmt dafür erneut Geld ein", schreibt der "Zug der Erinnerung".

So verlange die DB AG für das Gedenken an die Verbrechensopfer seit Jahren hohe Gebühren. "Allein seit 2009" habe die DB vom "Zug der Erinnerung" "über 50 Tausend Euro eingezogen (Nutzung von Schienen und technischen Bahnanlagen)". Eine Rückzahlung, die Gegenstand von Vermittlungsgesprächen jüdischer Organisationen war, hat die Deutsche Bahn AG jetzt definitiv abgelehnt (Schreiben vom 26.09.2011)

Ihre Finanzforderungen für das Gedenken an die Opfer der "Deutschen Reichsbahn" begründet die DB AG mit "europäischen Gesetzen". Zur Erhebung von Gebühren sei das größte europäische Logistikunternehmen "verpflichtet". Dazu heißt es in einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, diese Rechtsauffassung sei "zweifelhaft" (Aktenzeichen WD 7 - 3000 - 135/10). Eine alternativlose Verpflichtung, das Andenken an die ermordeten NS-Deportierten mit Gebühren zu belegen, bestehe nicht.

"Inzwischen lehnt die DB AG selbst Kooperationen zur Ehrung prominenter jüdischer Deportierter ab", erklärt der "Zug der Erinnerung". Der Appell für ein gemeinsames Gedenken an den deutschen Fußballnationalspieler Julius Hirsch, einen in Auschwitz ermordeten "Reichsbahn"-Deportierten, sei von der DB AG jüngst zurück gewiesen worden ("keine finanzielle Unterstützung"). Die DB AG übe einen faktischen Boykott aus.

"Unser Aufruf zu Massenpetitionen an den Deutschen Bundestag und für Aktivitäten der EU-Parlamentarier gilt nicht allein den Toten; ebenso dringlich ist es, den Überlebenden der 'Reichsbahn'-Verbrechen Genugtuung widerfahren zu lassen", erklärt der "Zug der Erinnerung".

Da sich die DB AG und ihre Eigentümerin konstant weigere, das Erbe aus den "Reichsbahn"-Deportationen an die Opfer zurück zu zahlen, seien internationale Gerichtsverfahren "absehbar und unvermeidlich". Entsprechende Prozesse ("class action") werden in den USA vorbereitet.

Nach einem Gutachten des "Zug der Erinnerung" nahm die "Deutsche Reichsbahn" bei den Deportationsverbrechen mindestens 445 Millionen Euro heutiger Währung ein. Einschließlich Zinsen beträgt die Deportationsschuld demnach über 2 Milliarden Euro. Von dieser Schuld habe die DB AG "noch nicht einmal 0,1 Prozent" beglichen. Das Unternehmen "rühmt sich angeblicher Spenden, bei denen es sich um Bruchteile der tatsächlichen Verbrechenserbschaft handelt", heißt es in der Erklärung des "Zug der Erinnerung".

Der "Zug der Erinnerung" bittet die deutsche Öffentlichkeit, den Petitionsausschuss des Bundestages anzurufen, da sich die DB AG in öffentlichem Eigentum befindet. Auf internationaler Ebene regt der "Zug der Erinnerung" eine gemeinsame Initiative aller EU-Parlamentarier an, "die das Massenverbrechen der 'Reichsbahn'-Deportationen und das millionenfache Leiden der ermordeten Mitbürger nicht vergessen haben."

Hintergrund:

Der "Zug der Erinnerung" besteht aus mehreren Waggons mit einer Ausstellung über jugendliche "Reichsbahn"-Deportierte aus ganz Europa. Die Waggons werden von einer Dampflok gezogen. Bisher machte der Zug auf über 100 Bahnhöfen Station, darunter auch auf Bahnhöfen in Polen und im deutsch-französischen Grenzgebiet. Anzahl der Besucher bis Oktober 2011: 420 Tausend.

Pro Fahrtkilometer verlangt die DB AG für das Gedenken rund 5 Euro und für den Tagesaufenthalt auf einem deutschen Bahnhof rund 500 Euro.

Der Zug wird von der gleichnamigen deutschen Bürgerinitiative betreut. Die zivilgesellschaftliche Organisation wurde von der EU-Kommission wegen ihres "aktiven bürgerschaftlichen Engagements" 2010 ausgezeichnet. Seit 2005 appelliert sie an die Deutsche Bahn AG, die ermordeten "Reichsbahn"-Opfer angemessen zu ehren und den notleidenden Überlebenden finanzielle Hilfe zukommen zu lassen.

Mehrfach versuchte die Deutsche Bahn AG, dem "Zug der Erinnerung" die Gleise zu sperren, so bei der Einfahrt nach Berlin (2008).

Kostenlose Hilfe leisteten dem Zug seit 2007 die französischen Staatsbahnen (SNCF) und das frühere staatliche Bahnunternehmen PKP (Polen).