Aufruf der Aktionsgemeinschaft Junge Flüchtlingen NRW
Nach Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention sind die Vertragsstaaten der UN, damit auch Deutschland, aufgefordert, das Recht des Kindes auf volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben sowie auf Spiel, Erholung und Freizeitbeschäftigung zu fördern.
Die Residenzpflicht hat sich für viele Flüchtlinge verschärft
Der Asylkompromiss vom Herbst 2014 sieht vor, dass nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland die Residenzpflicht entfällt. Kommunen zugewiesene Asylsuchende und in ihnen lebende geduldete abgelehnte Asylbewerber dürfen zwar nicht umziehen, aber innerhalb Deutschlands reisen, etwa um Verwandte oder auch Bildungseinrichtungen zu besuchen. Für geflüchtete Menschen in Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW gilt weiterhin eine Residenzpflicht für die Dauer des Aufenthalts in diesen Einrichtungen - aktuell einige Wochen. Für Asyl- und Schutzsuchende aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes gilt die Residenzpflicht allerdings bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens - auch über sechs Monate hinaus.
Teilhabe durch Kinder- und Jugendarbeit vor Ort
Das Leben in Aufnahmeeinrichtungen und die Wartezeit bis zur Entscheidung über den Asylantrag erschweren die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Geflüchtete erheblich. Es bedeutet häufig Isolation, Langeweile und mangelnde Zugänge zu Bildungs- und Freizeitangeboten. Besonders nach traumatisierenden Fluchterfahrungen ist das Recht auf Spiel, Erholung und Freizeitbeschäftigung wichtiger denn je. Die Kinder- und Jugendarbeit sowie ihre Träger in NRW leisten einen wichtigen Beitrag zur Hilfe. Allerdings wird ihre Arbeit durch stigmatisierende, asylrechtliche Regelungen behindert - auch weil die Gesetze in den vergangenen Monaten mehrmals geändert wurden und kaum noch zu durchschauen sind. Verunsicherung macht sich breit! So stellt sich Haupt- und Ehrenamtlichen beispielsweise die Frage, ob geflüchtete Kinder zu einem Zoobesuch in eine andere Stadt mitgenommen werden dürfen.
Die Aktionsgemeinschaft Junge Flüchtlinge fordert, die Residenzpflicht für alle jungen Geflüchteten, egal welchen Aufenthaltsstatus, zu lockern. Angebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche müssen auch außerhalb der Unterkünfte und des ihnen zugewiesenen Aufenthaltsbereiches möglich sein und dürfen nicht am Aufenthaltsstatus scheitern. Die UN Kinderrechte gelten für alle Kinder, egal woher sie kommen und wo sie leben. Wir ermuntern die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe ausdrücklich dazu, geflüchtete Kinder und Jugendliche bereits in den ersten Wochen nach ihrer Ankunft in ihre Aktivitäten einzuplanen - und sie zu besuchen.
Teilhabe an Ferienfreizeiten und Reisen ins Ausland
Berichte aus der Praxis über die Behinderung der Reisefreiheit von geflüchteten jungen Menschen beunruhigen die Aktionsgemeinschaft Junge Flüchtlinge in NRW. Jugendgruppen, die in den Ferien von NRW aus ins angrenzende Ausland oder in ein anderes Bundesland reisen, müssen für junge Mitreisende mit ungesichertem Aufenthalt eine Genehmigung bei der zuständigen Ausländerbehörde einholen1. Der auch nach dem 3. Monat im Asylrecht geltende Satz, »Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden«, wird von den Ausländerbehörden in der Praxis leider unterschiedlich gehandhabt.
An die Ausländerbehörden und das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW
Die Aktionsgemeinschaft Junge Flüchtlinge NRW appelliert an die Ausländerbehörden und das zuständige Ministerium, im Hinblick auf die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Ferienfreizeiten, ihre Entscheidungsspielräume großzügig und human zu nutzen und für die Dauer der Maßnahmen befristete Aufenthaltserlaubnisse auszustellen. Diese Fahrten und Erlebnisse tragen auch und besonders zur Integration junger Geflüchteter bei.
An das Bundesamt für Migration und Flucht
Wir appellieren an das Bundesamt für Migration und Flucht, auch für Kinder und Jugendliche in den Aufenthaltseinrichtungen des Landes durch eine „Verlassenserlaubnis" die Möglichkeit zur Teilhabe an z.B. Ferienfreizeiten zu eröffnen.
Dank an Haupt- und Ehrenamt
Die Aktionsgemeinschaft Junge Flüchtlinge in NRW bedankt sich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen haupt- und ehrenamtlich Engagierten, die junge Geflüchtete an ihren Ferienfreizeiten teilhaben lassen und die Zeit und Energie für die Auseinandersetzung mit den zuständigen Ämtern aufbringen.
Aktionsgemeinschaft Junge Flüchtlinge NRW
März 2016
1An dieser Stelle empfehlen wir auch die „12 Ratschläge und Tipps zur Teilnahme junger Flüchtlinge an Ferienfreizeiten im In- und Ausland".