Forderungen zur Landtagswahl NRW 2022

Beschluss vom 29. März 2022

Zur Landtagswahl haben der Jugendring Düsseldorf und seine Mitgliedsverbände gemeinsame Forderungen erarbeitet.

Wahlrecht

Eines der grundlegendsten demokratischen Rechte – das Wahlrecht – bleibt Kindern und Jugendlichen unter 18 in NRW verwehrt. Der Ausschluss aus dieser Form politischer Partizipation ist für uns unbegreiflich, denn

aus unserer Verbandsarbeit wissen wir: Kinder und Jugendliche sind in der Lage sich mit Gesellschaft auseinanderzusetzen und ein eigenes Meinungsbild zu entwickeln.

In Deutschland sind etwa 30% der Menschen unter 30, doch unter den Wahlberechtigen bei der letzten Bundestagswahl waren es nur knapp 14%.1 Diese Unterrepräsentation junger Menschen verzerrt politische Entscheidungen. Darüber hinaus gilt das Wahlrecht ab 16 Jahren bereits in den Bundesländern Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein und ist dort erprobt.

Wir fordern deshalb für NRW:

  • Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

Antidiskriminierung

Leider ist Diskriminierung für viele Menschen noch immer Alltag. Wir setzen uns im Jugendring gegen Diskriminierung und für Chancengleichheit ein. Um Diskriminierungen in verschiedenen Ebenen entgegenzuwirken, fordern wir:

  • Im Berufsleben: anonymisierte Bewerbungen als etablierte Norm.
  • In der Strafverfolgung: Unabhängige Ermittlungsstelle für die Polizei (Kolleg*innen sollen nicht gegeneinander ermitteln)
  • Besonders in Schule und Verwaltung sollte Vielfalt gelebt und Barrieren abgebaut werden. Zum Beispiel durch mehr Sichtbarkeit und Repräsentanz von Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen
  • Schutzräume (safer spaces)2 unterstützen und fördern

Mobilität

Die Landschaft und die Mobilität sind in NRW stark durch das Auto geprägt. Dies geht mit immensen Umweltbelastungen einher und nimmt sehr viel Platz im öffentlichen Raum ein. Zudem wird es für Kinder und Jugendliche immer schwieriger sich flexibel und sicher fortzubewegen. Im öffentlichen Nahverkehr sind steigende Fahrpreise und lückenhafter Ausbau weitere Hürden, sodass zunehmend Menschen von Mobilität ausgeschlossen werden. Wir fordern eine Trendwende, um nachhaltige, sichere und flexible Mobilität auch für junge Menschen und unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten.

Wir fordern:

  • Kostenloses NRW-Ticket für alle unter 27 – oder
  • Unterstützung der Forderung des LJR NRW nach einem Jugendticket: NRW weit maximal 1€ pro Tag (365€ pro Jahr)(1)
  • Zusammenlegen von Verkehrsverbünden in NRW, um ÖPNV-Nutzung zu erleichtern.
  • Jugendgerechter und barrierefreier Ausbau ÖPNV
  • Radschnellwege konsequent und zeitnah ausbauen.
  • Es braucht ein Umdenken und die Koordination und Unterstützung für die flächendeckende Ausstattung von Radwegenetzen in Städten, Fahrradparkplätze, Aufladestellen für e-bikes und Pedelecs, Säulen mit Werkzeug, Luftpumpe.

Wohnen

Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Besonders in Ballungsgebieten und Großstädten, von denen NRW viele hat, ist Wohnraum teuer. Junge Menschen, die vielleicht gerade erst aus der Elternwohnung ausgezogen sind, betrifft der Wohnungsmangel besonders.

Gleichzeitig gibt es in NRW ländliche Regionen, die für junge Menschen unattraktiv sind. Wenig Ausbildungsstätten, eingeschränktes kulturelles Angebot, keine Universitäten, schlechte Infrastruktur. Das verstärkt den Wunsch in Großstädte zu ziehen zusätzlich. Wohnen ist politisch. Junge Menschen brauchen bezahlbaren, ansprechenden Wohnraum in urbanen Räumen.

Wir fordern:

  • Ausbau, Reformierung und Entfristung des Sozialen Wohnungsbaus
  • Maßnahmen, die die Spekulation mit Bauflächen und Immobilien begrenzen
  • Wiedereinführung des Zweckentfremdungsverbots
  • Verlangsamung der Mietsteigerungen
  • Stärkung der Rechte von Mieter*innen
  • Ausbau von genossenschaftlichem Wohnen
  • Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit
  • Ausbau von Studierenden- und Azubiwohnen. 62

Bildung

In Deutschland hängt die Bildungsbiografie nach wie vor in hohem Maße von dem Bildungsgrad der Eltern ab.3 Das muss sich ändern! Alle Kinder und Jugendliche sollen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die gleichen

Chancen auf gute Bildung haben.

Deshalb fordern wir:

  • Schulen finanziell stärker unterstützen – von der Sanierung maroder Gebäude über die Ausstattung und die Anzahl motivierter Lehrer*innen und Schulsozialarbeitenden.
  • Vielfalt in der Schulbildung, z.B. durch Vorbilder und Lehrmaterial und stärkerer Fokus in der Lehrer*innenausbildung und Fortbildungen für alle Arbeitnehmer*innen in Schulen
  • Stärkung der Inklusion in Kita und Schule wie in der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen
  • Transparenz und aktive Kommunikation über Fördermöglichkeiten

Soziale Gerechtigkeit

Schon jetzt werden neben den sozialen und psychischen Folgen die finanziellen Folgen der Coronapandemie für junge Menschen sichtbar. Kinder- und Jugendarmut sowie Jugendobdachlosigkeit waren schon zuvor ein Problem, welches nun durch eingebrochene Einkommen sowie weniger Ausbildungsplätze, höhere Lebenshaltungskosten, … verstärkt wird.

Wir fordern eine Mischung aus strukturellen und sofortigen Maßnahmen, um faire Zukunftschancen für junge Menschen unabhängig ihres sozialen Status zu garantieren:

  • Umfassende Analysen von Jugendarmut
  • Unterstützung obdachloser Jugendlicher, zum Beispiel durch mehr Sleep-Ins (Notfallunterkünfte). Es sollte zudem ermittelt werden inwiefern es geschlechtsspezifische Angebote braucht.
  • Jugendgerechte Räume ohne Konsumzwang (also nicht nur Cafés, Restaurants, Malls in denen man Geld ausgeben muss, um sich dort aufhalten zu dürfen)
  • Digitale Teilhabe gewährleisten – Landesförderung für Internet und technische Geräte .

 


1 https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61538/bevoelkerung-nach- altersgruppen-und-geschlecht/

2 Safer spaces sind als zielgruppenspezifische und politische Kommunikationsorte zu verstehen. BPoCs und Juden_Jüdinnen haben die Möglichkeit in einem sichern und geschützten Rahmen über ihre individuellen Erfahrungen zu sprechen und unhinterfragtes Verstehen zu erleben. Demnach werden gemeinsam Stärkungs-, Handlungs- und Widerstandsstrategien gegen erlebte Ausgrenzung und Ausschluss entwickelt (Kiana Ghaffarizad: Rassismuskritische Betrachtung Juleica-Schulung / Webseite ju:an-Praxisstelle).

3 https://www.unicef.de/blob/177556/a6282e479e4a7188ecc27607fad15dd8/zusammenfassung-reportcard15-data.pdf

Antrag gestellt von