Jahresbericht 2022 | 2.5 Fanprojekt Düsseldorf
Fanprojekt Düsseldorf
Nach zwei Jahren der personellen Umstrukturierung, des Neubaus des Haus der Jugend sowie der Corona-Pandemie normalisierte sich unsere Arbeit zum Ende des Jahres hin. In nahezu allen relevanten Bereichen konnten wieder regulär Angebote für Fans durchgeführt werden. Gleichzeitig hat die Zeit ohne Fans im Stadion einiges in den Fanszenen geändert – der Fußball scheint sich seit 2020 von den Fans entfernt zu haben.
Damit gehen auch Veränderungen für unsere Arbeit einher. Der Bezugsverein steht nicht mehr im Vordergrund, viel mehr gilt es gerade für junge Fans, ihren Platz in der Fanszene zu finden. Unsere Aufgabe ist es vermutlich mehr denn je, diese jungen Fans dabei zu begleiten.
Aufsuchende Arbeit
Die ersten Spiele der Zweiten Bundesliga im Jahr 2022 fanden weiterhin unter Corona-Einschränkungen statt. Das hieß für uns, dass ein*e Mitarbeiter*in, wenn möglich, zu den Spielen ins Stadion fuhr, um für anwesende Fans ansprechbar zu sein. Ein*e andere*r Mitarbeiter*in suchte die Treffpunkte der aktiven Fanszene auf, um dort mit ihnen gemeinsam Fußball zu schauen.
Mitte März, pünktlich zum Heimspiel der Fortuna gegen den HSV, wurden die bis dahin geltenden 2G-Regeln in den meisten Stadien ausgesetzt. Gemeinsam mit der aktiven Fanszene konnten wir ab diesem Zeitpunkt fast alle restlichen Spiele der Saison wieder im Stadion begleiten.
Das Sommertrainingslager von Fortuna Düsseldorf fand auch in diesem Jahr wieder in Bad Leonfelden in Österreich statt und wurde von zwei Mitarbeiter*innen des Fanprojekts begleitet. Bei einem Besuch des Ortes Freistadt, inklusive Testspiel gegen MFK Ruzomberok aus der Slowakei, konnten viele intensive und persönliche Gespräche geführt werden. An einem weiteren Tag besuchten wir außerdem wir die KZ-Gedenkstätte Mauthausen.
Niedrigschwellige Offene-Tür-Angebote: Fancafé
Da seit November 2021 die Ausweichräumlichkeiten für das Fancafé in Eller renoviert wurden, konnte den Fans keine Anlaufstelle mehr geboten werden.
Im September 2022 wurde das neue Haus der Jugend endlich offiziell eröffnet. Seit November 2022 findet montags wieder regelmäßig das Fancafé im Haus der Jugend statt. Das ist auf viel positive Resonanz und damit auch gute Besucher*innenzahlen gestoßen. Insgesamt konnten wir in diesem Jahr fünf Mal die Türen des Fancafés öffnen.
Weitere Angebote
Nachdem im vergangenen Jahr zwei Mitarbeiter des Fanprojektes im Rahmen des Projektes „SubFan“ zu Onlineberatern im Bereich Substanzmittelmissbrauch bei Fußballfans ausgebildet wurden, gab es dieses Jahr regelmäßige Angebote für eine Online-Beratung. Im Zuge dessen wurde via Social Media darauf hingewiesen, wann die Mitarbeiter für mögliche Gespräche zur Verfügung stehen.
In der ersten Hälfte 2022 konnte die regelmäßig montags stattfindende Fan-Liga mit vier Mannschaften weitergeführt werden. Zu insgesamt vier Spieltagen trafen wir uns mit den entsprechenden Mannschaften auf dem Fußballplatz des DSC. Das Finale fand am 2. Mai neben dem Paul-Janes-Stadion in Verbindung mit einer Sommerparty der Ultraszene statt. Seitdem das Fancafé im November wieder öffnen konnte, fand in der zweiten Jahreshälfte die Fan-Liga mit fünf Mannschaften statt und wird im kommenden Jahr fortgeführt. Auch hier trafen wir uns an vier Spieltagen mit den Mannschaften auf dem Platz des DSC hinter dem Haus der Jugend.
Im Mai konnte das Fanprojekt mit insgesamt neun Fans zum 29. Fanfinale der BAG nach Berlin fahren. Das Fußballturnier findet in der Regel jährlich vor dem DFB-Pokalfinale in Berlin statt und konnte in diesem Jahr das erste Mal seit Corona wieder durchgeführt werden. Insgesamt 15 Jungen- und 2 Mädchenmannschaften nahmen 2022 teil und kämpften um den begehrten Pokal. Die Mannschaft aus Düsseldorf erreichte den fünften Platz. Außerdem konnte in diesem Zusammenhang das Relegationsspiel Hertha BSC Berlin gegen den Hamburger SV und das DFB-Pokalfinale SC Freiburg gegen RB Leipzig besucht werden.
Im Rahmen der Fußballkulturtage NRW, an denen alle Fanprojekte aus Nordrhein-Westfalen teilnehmen, bot das Düsseldorfer Fanprojekt eine Veranstaltung an, die für die aktive Fanszene ein besonders wichtiges und aktuelles Thema behandelte: Am 14. November kam der ehemalige Sportkommentator Werner Hansch ins Haus der Jugend (Bild oben) und erzählte über seine Geschichte, wie er zur Sportmoderation kam, wie er danach in die Glücksspielsucht rutschte und wie er sich dort Stück für Stück wieder rausgekämpft hat. Nach seinen sehr emotionalen Schilderungen stand Werner Hansch im Anschluss noch für Fragen zur Verfügung.
Gemeinsam mit den Bildungsreferentinnen des Jugendrings hat das Fanprojekt Ausklärungsarbeit und eine kritische Begleitung zur WM in Katar geleistet. Über die Social-Media-Kanäle des Jugendrings und des Fanprojektes wurde wöchentlich je ein Beitrag zu den Themen Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Sportswashing gepostet. Zusätzlich wurde zu diesen Themen jede Woche zu einem Themenabend eingeladen, bei dem eine halbstündige Dokumentation gezeigt und zur anschließenden Diskussion eingeladen wurde.
Netzwerkarbeit
Ein elementarer Bereich unserer Arbeit ist die Netzwerkarbeit mit allen Akteuren und Funktionsgruppen der Fanprojektarbeit. Der Fokus liegt auf der Mitarbeit an verschiedenen Arbeitsgruppen und Arbeitskreisen in der BAG-Landschaft. So sind die Mitarbeiter*innen in folgenden Arbeitsgruppen und -kreisen vertreten: Geschäftsführender Arbeitskreis der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG), AK Fanfinale (BAG), AK BAG West Struktur (BAG West), AK U18 (BAG West), AK Stadionallianzen (BAG West), AK Frauen West (BAG West), AK Barcamp (BAG), AG Gedenkarbeit (BAG West), Bündnis gegen Sportwettenwerbung (BAG), AK Vertrauenspersonen (BAG), AK Schutzkonzept (Jugendring).
Darüber hinaus ist das Fanprojekt Düsseldorf nach wie vor Mitglied in den kommunalen Fachgruppen „Extremismus“ und „Sport und Sicherheit“, die vom Kriminalpräventiven Rat der Stadt Düsseldorf durchgeführt werden.
Da Anfang des Jahres die Corona-Schutzmaßnahmen wieder gelockert wurden, konnten viele Veranstaltungen in Präsenz stattfinden. So haben die Mitarbeiter*innen des Fanprojekts an der BAG-Jahrestagung in Sachsen zum Thema „Es fährt kein Zug nach Nirgendwo – Fanprojektarbeit in ländlichen Räumen“ sowie an der Bundeskonferenz der Fanprojekte von KOS und LAG in Düsseldorf und Wuppertal zum Thema „Demokratie gefährdet! – Zivilgesellschaft stärken. Fanprojekte fördern“ teilgenommen. Ebenso konnten diverse Fachtagungen und Workshops zu verschiedenen Themen besucht werden.
Im Jahr 2022 gab es regelmäßige Treffen zwischen den Mitarbeiter*innen des Fanprojektes und den Mitarbeitern der Fanbetreuung von Fortuna Düsseldorf. Darüber hinaus wurde drei Mal an der großen Fan-Runde teilgenommen.
Gemeinsam mit einer Bildungsreferentin vom Jugendring hat das Fanprojekt an der Gedenkveranstaltung „2584 Namen“ der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf zur Erinnerung an die im Holocaust gestorbenen jüdischen Düsseldorfer*innen teilgenommen und auf dem Rathausplatz Namen zum Gedenken an die Verstorbenen verlesen.
Ausblick auf das Jahr 2023
Seit März hat sich mit dem Wegfall der meisten Corona-Schutzmaßnahmen, spätestens aber mit der Wiedereröffnung des Haus der Jugend unsere Arbeit wieder normalisiert. Das Haus hat wieder für Fans geöffnet und alle Angebote können durchgeführt werden. Dies ermöglicht uns, in engem Austausch mit den Fans unser Programm zu gestalten. Bereits Anfang des Jahres gab es zwei Treffen mit Fangruppen, um über ihre Wünsche und Vorstellungen zur Nutzung des Hauses zu sprechen. So wurden bereits jetzt mehrere Vortragsabende, Filmabende und Diskussionsrunden im ersten Halbjahr 2023 geplant und im Rahmen des Fancafés sowie an weiteren Abenden durchgeführt.
Weiterhin gilt die Begleitung von Fans bei Heim- und Auswärtsspielen als wichtigste Säule unserer Arbeit. Unsere personelle Situation lässt es zu, unserem Standard aus den Vor-Corona-Jahren gerecht zu werden und – im besten Fall mit mehreren Mitarbeiter*innen – alle Spiele von Fortuna Düsseldorf zu begleiten und für Fans ansprechbar zu sein.
Zudem sehen wir mit der engen Betreuung und Begleitung einzelner Fans eine weitere große Herausforderung für unsere Arbeit. Nicht nur durch Corona, sondern auch aufgrund des gesellschaftlichen Wandels haben wir einen höheren Bedarf von Einzelgesprächen und Einzelbetreuung ausgemacht. Um insbesondere junge Menschen in schwierigen Lebensphasen zu begleiten, ist eine besondere Beziehungsarbeit nötig.
Weitere Schwerpunkte bleiben die Entwicklung von U18-Angeboten und die Durchführung von Bildungsreisen. Als Höhepunkt kann die seit 2019 geplante Reise nach Israel angesehen werden. Wir hoffen, dass wir sie 2023 endlich durchführen können.