Tipps zum Weiterlesen und Quellenangaben zum Post vom 15.12.: Heute geht es um „Sportswashing“ – was steckt dahinter? Was bringt Staaten dazu, ein Großevent wie eine WM auszutragen?
Sportswashing
Mit Sportswashing wird der Versuch beschrieben, durch ein Sportevent das eigene Image aufzupolieren und sich der Welt als offen und mit vertretbaren Werten darzustellen. Dieses Phänomen ist allerdings nicht neu.
Als ein Beispiel können die Olympischen Spiele 1936 in Berlin unter dem NS-Regime genommen werden. Unter dem Motto „Wir rufen die Jugend der Welt!“ wollte sich Hitler-Deutschland als offenes Land inszenieren. Alle Menschen, die das Bild stören könnten, wurden vorher entfernt. So wurden vor den Spielen Obdachlose, Sinti und Roma aus der Stadt verbannt und an die Stadtränder umgelagert. Ebenfalls wurden judenfeindliche Schilder aus der Stadt entfernt, um zu zeigen, dass alle Menschen willkommen seien.
Weitere Infos zu den Olympischen Spielen 1936:
www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/141881/olympische-sommerspiele-in-berlin-1936/
Sportswashing:
www.wikipedia.org/wiki/Sportswashing
www.deutschlandfunk.de/sport-am-samstag-sportswashing-oder-imagekampagne-definition-100.html
„Fußball ist unpolitisch!“ – Wirklich?
2012 versuchte die Ukraine, sich als demokratisches Land darzustellen. Neben Polen als Co-Gastgeber wollte man sich pro-europäisch, dem Westen geöffnet zeigen. Seit der orangen Revolution 2004 kam es in der Ukraine immer wieder zu Konflikten zwischen der pro-europäischen Bevölkerung und Traditionalisten aus dem Osten des Landes, die sich eher Russland zugehörig fühlten. Mit der Präsidentschaftswahl 2010 rückte das Land stark nach Osten. Gleichzeitig wurden insbesondere in der Hauptstadt Kiew (Kyjiw) Proteste und Gegenbewegungen gewalttätig unterbunden. Eine Ausnahme bildete die Euro 2012 in Ukraine und Polen, als Infoflyer frei ausgelegt und Demonstrationen durchgeführt werden konnten.
Die letzte WM in Russland 2018 hat geschätzt 14 Milliarden Dollar (10-11 Milliarden Euro) gekostet. Gleichzeitig können unmittelbare Gewinne schwierig ermittelt werden. Also müssen auch andere Faktoren bei der Bewerbung für ein Großsportereignis eine Rolle spielen. Es fällt auf, dass in den letzten Jahren solche Turniere und Events zunehmend an Länder vergeben wurden, deren politische Systeme nicht vollends unseren demokratischen Grundwerten entsprechen.
Als Wladimir Putin das Turnier im eigenen Land zelebrierte, plante er bereits den Krieg in Belarus 2020 und nutzte das Turnier, von seinen Plänen abzulenken – teilweise mit Erfolg. Für das Turnier wurde im ganzen Land die Verkehrsinfrastruktur erneuert. Regionen, die vorher isoliert waren, wurden Flughäfen und Bahnstrecken an die großen Metropolen angebunden. Gleichzeitig sorgte die WM mitsamt der neuen Stadien für einen wahren Fußball-Boom gerade in den kleineren Städten.
Weiterführende Quellen:
www.phoenix.de/rekordausgaben-bei-der-fussball-wm-2018-a-274067.html
www.tagesspiegel.de/sport/russlands-teure-initialzundung-6607141.html
www.watson.ch/sport/international/771680147-der-grosse-sieger-der-fussball-wm-heisst-wladimir-putin
Weltwirtschaft als Spekulationsobjekt
Nun ist also Katar Gastgeber der Fußball Weltmeisterschaft. Aktuelle Schätzungen gehen von Gesamtkosten in Höhe von 220 Milliarden Dollar aus. Dass das kleine Emirat (hat etwa die Größe von Hessen) diese Ausgaben unmöglich wieder einspielen kann, liegt auf der Hand. Dass sich die Ausgaben dennoch lohnen, zeigt der Blick in die Große Agenda „Vision 2030“. Katar ist sich bewusst, dass mit den geförderten Rohstoffen ihre Haupteinnahmequelle irgendwann zu Neige geht. Man muss sich also neu erfinden und setzt auf die sogenannte „Diversifizierung der Wirtschaft“, was so viel bedeutet wie die Aufteilung möglicher Einnahmequellen auf verschiedene Wirtschaftsbereiche. Eine übergeordnete Rolle spielen dort Sportveranstaltungen und weitere Mega-Events, die für eine weltweite mediale Aufmerksamkeit sorgen sollen und das kleine Land als weltoffen und sympathisch zeigen sollen. Gleichzeitig hat sich Katar in den letzten Jahren Anteile vieler Firmen gesichert, in Deutschland beispielsweise bei den DAX-Konzernen Volkswagen, Siemens oder der Deutschen Bank – Firmen werden so zu Spekulationsobjekten.
Weiterführende Quellen:
Agenda 2030: www.vision2030.gov.sa/v2030/overview/
Fußball als Spekulationsobjekt: www.merkur.de/politik/sportswashing-fussball-wm-2022-katar-doha-saudi-arabien-manchester-city-psg-bayern-muenchen-91276372.html
www.dw.com/de/teuerste-fussball-weltmeisterschaft-der-geschichte-fifa-wm-2022/a-63700873